Weiterbildung der Messtechnik:
Zwischen Fels und Daten
Der Berg fiel – wie Messdaten Sicherheit schaffen
Der erste Tag begann frühmorgens im Nebel. Die kurze Wanderung zur Abbruchstelle der Allmenalp wirkte auf den ersten Blick idyllisch: Kühe grasten gemütlich, Blumen tanzten im Wind und auf dem Klettersteig bewegten sich farbige Punkte langsam nach oben. Doch wer sich der Abbruchstelle näherte, stand plötzlich vor den gewaltigen Dimensionen eines erschütternden Bergsturzes.
Am 23. Februar 2023 waren hier zwischen 15'000 bis 20'000 Kubikmeter Fels abgebrochen. Dabei wurde auch der Wanderweg und ein Graben unterhalb des Wasserfalls mit Geröll verschüttet.
Vor Ort erhielt die Gruppe detaillierte Einblicke in die Analysen rund um den Bergsturz. Der Fels wurde seit Dezember durch GEOTEST eng überwacht. Zwei unterschiedliche Modelle – mit und ohne Vorwarnung – führten zur Erkenntnis, dass spontane Abbrüche durchaus möglich waren.
Die Rolle der Messtechnik wurde dabei besonders deutlich: Neigungssensoren, Radarmessungen und Fotodokumentationen trugen entscheidend zur Interpretation der folgenden Ereignisse bei.



«Wir müssen die Prozesse frühzeitig erkennen.»
- Daniel Tobler


Daniel Tobler, der das Input-Referat hielt, erzählte eindrücklich, wie man vom ersten Alarm bis zur Vorhersage nur wenige Stunden hatte, weil es auch einige Wohnhäuser in einer möglichen Gefahrenzone gab. Da die Situation richtig vorhergesehen wurde, konnte das Gebiet rechtzeitig abgesperrt werden – ohne Personen- und Häuserschäden.
Besonders interessant: einige Erkenntnisse konnten aufgrund eines Videos gewonnen werden, das ein Tourist aus der Gondel aufgenommen hatte. Ebenso wurde diskutiert, wie wichtig kontinuierliche Messungen und präzise Modellierungen für den Schutz von Mensch und Infrastruktur sind.

Die Wiese besteht aus sehr weichem Material, was die Felsstücke gestoppt hätte, wenn diese soweit nach vorne gerollt wären.

Wasser, das dem Allmenalp-Wasserfall entspringt.

Der Graben, in dem das Wasser des Wasserfalls abfliesst, wurde etwa zehn bis zwölf Meter hoch mit Gestein überdeckt.

„Man ahnt erst hier, mit wie viel Wucht die Natur eingreifen kann – und wie wichtig es ist, genau und rechtzeitig zu messen.“
- Teilnehmer




«Die Augenzeugen sind schlotternd dagestanden und konnten nur zusehen, wie sich die Staubwolke über dem Schutt in die Höhe schob.»

Einige Felsbröcke werden nun als Eckpfeiler eingesetzt.
Am Nachmittag ging's ins Berginnere.

Lötschberg-Basis-Tunnel
Neugierig und beeindruckt fuhren wir mit dem Minibus der BLS durch die massive Eingangsschleuse des Lötschberg-Basistunnels. Dieses Jahrhundertprojekt, das seit 1910 die Achse Spiez–Brig sichert, wird aktuell unter Vollbetrieb ausgebaut. Das bedeutet: Sprengungen im 10-Minuten-Takt, Millimeterarbeit in Zugpausen – eine logistische Meisterleistung.
Von den zwei Röhren wurde bisher nur eine ausgebaut. Der Baustart für die Fertigstellung der zweiten Röhre ist 2026.





Mit gut 200km/h wird der Zug hier in Zukunft durchfahren.




Zukunft denken
Nach dem Erleben kam das Reflektieren. Gemeinsam stellte sich die interdisziplinäre Gruppe die Frage: Was leisten die GEOTEST-Messtechnik-Dienstleistungen heute? Und wie kann das Unternehmen weiterhin innovative Methoden entwickeln?
Analysiert wurde unter anderem ein neues Datenportal – der digitale Ort, an dem Kunden mit den Messdaten in Kontakt kommen. Dabei wurde schnell klar: Es geht nicht nur um Zahlen. Es geht um Vertrauen. Um Klarheit. Und – wie Christoph Schilter es so treffend formulierte – darum, dass auch Geräte Emotionen wecken können.
Der Workshop war ein Spielfeld für Visionen. Auf das Board “Grüne Wiese” wurden besonders utopische Wünsche notiert – von neuen Sensortypen bis hin zu völlig neuen Service-Ansätzen. Im nächsten Schritt wurden diese Träume auf das “Innovationsboard” übertragen, als konkret umsetzbare Ideen.
Zwischen Post-Its und Speeddating-Sessions brodelte es förmlich: Diskussionen, Perspektivenwechsel, kleine und grosse Geistesblitze. Und immer wieder Kaffeepausen – die manchmal fast noch produktiver waren. Der Austausch hat stattgefunden, dabei wurde gelacht, debattiert und geplant.







Ein Projekt reagiert auf ein Ereignis. Ein anderes will die Natur gestalten. Dazwischen stehen wir – mit Sensoren, Daten, Fragen und Voraussagen.

Einblick und Weitblick
Die Weiterbildung in Kandersteg hat uns eindrücklich vor Augen geführt, wie entscheidend präzise Messungen sind – nicht nur als technische Disziplin, sondern als Basis für fundierte Entscheidungen. Ob beim Erkennen instabiler Felsformationen oder beim Monitoring hochkomplexer Infrastrukturen wie dem Lötschberg-Basistunnel: Unsere Instrumente liefern nicht einfach nur Daten. Sie liefern Kontext. Sie machen Veränderungen sichtbar – noch bevor sie gefährlich werden.
Genauigkeit ist dabei keine pedantische Tugend, sondern eine Grundvoraussetzung für Sicherheit. Denn nur, was wir exakt erfassen, können wir sinnvoll prognostizieren – und nur, was wir kontinuierlich beobachten, können wir rechtzeitig beeinflussen.
Diese Weiterbildung war deshalb weit mehr als ein fachlicher Austausch: Sie war eine Bestärkung darin, wie wichtig unser Beitrag ist – und wie viel Zukunft in jeder einzelnen Messung steckt.