Der Fluss Yarkant im Südwesten von Xinjiang war die Hauptquelle für Überflutungen mit Schadenfolgen in dieser Region. In 50 Jahren wurden 33 Überflutungen registriert. In einem schweizerisch-chinesischen Zusammenarbeitsprojekt wurde der Umgang mit hohen Überflutungsrisiken verbessert.

Dies umfasste die Einrichtung eines Frühwarnsystems, den Aufbau und die Unterstützung des Risikomanagements in der Flutebene und die Überwachung und Analyse des Gletschersees im Zusammenhang mit der Klimaänderung.
 

Ein Erfahrungsbericht von GEOTEST-Teamleiter Christoph Haemmig:
 

Um Mitternacht stecken wir in Westchina fest, und zwar auf knapp 5’000 m ü. M. auf einer Passstrasse – welche die Bezeichnung Strasse nicht wirklich verdient – des Tibet-Highways. Im Gepäck führen wir eine von der GEOTEST AG entwickelte Frühwarnanlage mit, welche im Karakorumgebirge installiert werden und die Bevölkerung vor gefährlichen Gletscherseeausbrüchen warnen soll. Trotz Spezialbewilligungen und Verhandlungsgeschick des chinesischen Expeditionsleiters werden wir von zahlreichen Militärposten immer wieder aufgehalten und unser Gepäck wird auf unerwünschte Gegenstände durchsucht.
 

Es ist mittlerweile zwei Uhr nachmittags, als wir nach drei Tagen Reise durch steinschlägiges Gebiet endlich den Installationsplatz bei Cha Hekou erreichen. Der Standort auf gut 3’000 m ü. M. wurde während einer vorangehenden Feldmission durch GEOTEST-Experten rekognosziert. Riesige Schuttfächer, welche von der eindrücklichen Gebirgskulisse bis in die breite Talebene reichen, werden von den Flüssen Yarkant und Keleqin messerscharf angeschnitten und bilden senkrechte, meterhohe Böschungen.

Materialtransport zum Kyagar-See.
Materialtransport zum Kyagar-See.

Während der kommenden fünf Tage campieren wir bei der Flussmündung, wo in der Vergangenheit wiederholt verheerende Flutwellen durchgerauscht sind. Nach einem ausgiebigen Frühstück installieren wir gestärkt die erste per Satellitenkommunikation betriebene Anlage zur Frühwarnung vor Gletscherseeausbrüchen. Sobald die zwei montierten Radarsensoren eine Flutwelle registrieren, erhalten die chinesischen Behörden eine Nachricht über das Mobilfunknetz. Die Überwachungsanlage ist zusätzlich mit einer Wetterstation und zwei Kameras ausgerüstet, welche täglich Daten und Bilder direkt ins Büro der Entscheidungsträger übermitteln. Die erfolgreiche Installation der Überwachungsanlage wird schlussendlich mit chinesischem Schnaps und frischem Schaffleisch gefeiert.

Standort der Frühwarnanalage im Shaksgam Valley.
Standort der Frühwarnanalage im Shaksgam Valley.

Doch als uns während der Installationsarbeiten die Nachricht erreicht, dass die einzige Verkehrsachse infolge eines Erdrutsches unpassierbar geworden ist, bricht Nervosität aus. Die Instandstellung wird Monate dauern. Trotz der atemberaubenden Landschaft mag die Erkenntnis, von der Aussenwelt abgeschnitten zu sein, niemanden begeistern. Umgehend macht sich ein Konvoi aus Kashi auf den Weg, um uns bei der abgerutschten Strassenböschung in Empfang zu nehmen. Wir sind jedoch gezwungen, zwei Geländewagen und einen Truck mit Material zurückzulassen. Die Rückreise verläuft streckenweise entlang der sagenumwobenen Seidenstrasse durch die Taklamakan-Wüste. Schliesslich erreichen wir nach der dreitägigen Autofahrt die Oasenstadt Kashi, wo diverse Meetings und viel Reisschnaps die Expedition abrunden.

Auch gegenwärtig ist GEOTEST wieder im Himalaya Gebirge tätig. Zusammen mit der Universität Zürich und der Universität Genf beraten wir die indischen Behörden im Gefahren- und Risikomanagement.

Im gebirgigen Bundesstaat Sikkim wird ein Frühwarndienst implementiert, welcher die am Fluss liegenden Bergdörfer vor Flutwellen warnen soll. Die Überflutungen können durch ausbrechende Gletscherseen entstehen. Das Projekt wird von der DEZA finanziert und beinhaltet weitere Naturgefahrenberatungen im Bundesstaat Uttarakhand.

Referenzen

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