Sanierung Sandrain (Gaswerk)
Sandrain, Bern
46° 56′ 19.83″ N 7° 26′ 32.17″ E
2021 - 2024
Geschichte
Das Gaswerk im Sandrain ging 1876 in Betrieb und produzierte im Anschluss über 90 Jahre hinweg Stadtgas. Dieses diente anfänglich zur Beleuchtung der Strassen und Gassen in der Innenstadt. Später wurde das Gas auch zum Kochen, Heizen sowie zum Antrieb von Motoren verwendet.
1967 wurde die Stadt Bern an das Ferngasnetz angeschlossen, die Gasproduktion im Sandrain eingestellt und die Gasfabrik sukzessive stillgelegt. Nur ein Jahr später begann der Rückbau der Fabrik. Seither wird das Areal grösstenteils als Lagerfläche genutzt.
Verschiedene Bauten wie beispielsweise die Ryff-Fabrik, das Jugend- und Kulturzentrum Gaskessel oder die Direktorenvilla prägen das Areal aber bis heute.
Altlasten
Diverse Untersuchungen des Gaswerkareals Marzili haben gezeigt, dass der Untergrund in Teilbereichen des ehemaligen Gaswerks stark belastet ist und im Grundwasser im Abstrombereich einzelne Konzentrationswerte der Altlastenverordnung (AltlV) mehrfach überschritten werden. Der Standort ist somit eine Altlast gemäss AltlV und muss saniert werden.
Zielsetzung
Gemäss Sanierungsverfügung des Amts für Wasser und Abfall des Kantons Bern (AWA) sollte mit geeigneten Sanierungsmassnahmen eine Verbesserung der Grundwasserqualität im Abstrom des ehemaligen Gaswerks erreicht werden. Zur Realisierung dieses Ziels wurde im Sanierungsprojekt eine Teildekontamination des Gaswerkareals vorgeschlagen. Entsprechend der Kenntnisse über die Schadstoff-Verteilung wurde der Gaswerk-Perimeter in Zonen unterschiedlicher Priorität unterteilt. Die hier dokumentierte Sanierungsmassnahme betrifft den Perimeter mit Priorität 1. Eine Totalsanierung des gesamten Gaswerkareals wurde vom AWA im Hinblick auf die Gefährdung der Schutzgüter als nicht notwendig erachtet. Für den Perimeter mit Priorität 1 wurde vom AWA in der Sanierungsverfügung folgendes Dekontaminationsziel für den Feststoff im Untergrund festgelegt:
- PAK (Σ16 Einzelsubstanzen EPA) 25 mg/kg
- Benzo(a)pyren 3.0 mg/kg
- Cyanid (frei) im Eluat 0.02 mg/l
Mit der Sanierung musste im Perimeter mit Priorität 1 sämtliches
verschmutztes Material entfernt werden, welches eine höhere
Verschmutzung als die obgenannten Schadstoffkonzentrationen
aufwies. Der Gesamtbauentscheid für die Durchführung der Sanierung lag im Jahr 2020 vor.
Die Zelte werden aufgebaut.
Fortschritt der Aushubarbeiten in der Phase 1.
Projektorganisation
Die INGE Geotest AG (GEOTEST AG, WAM Planer und Ingenieure AG, Theiler Ingenieure AG und Tensor AG) wurde von Energie Wasser Bern mit den Ingenieurleistungen für die Planung, Submission und Realisierung der Altlastensanierung beauftragt. Die GEOTEST zeichnete sich dabei für die Bauleitung verantwortlich und übernahm die Gesamtverantwortung für das Projekt. Sie stellte sicher, dass Termine eingehalten wurden, die Kosten im Rahmen blieben und die Qualität der Arbeiten höchsten Standards entsprach. Als direkter Ansprechpartner für die Bauherrin leitete die INGE Geotest die Baustelle und koordinierte alle notwendigen Massnahmen aus einer Hand. Mit der Ausführung der Sanierungsarbeiten wurde die ARGE Gaswerk Bern (Marti Infra AG und Marti AG Bern) beauftragt.
Vorgehen
Im Rahmen der Altlastensanierung wurden die Aushubarbeiten und die Dekontamination sorgfältig geplant und durchgeführt. Die Organisation
der Arbeiten umfasste eine detaillierte Vorbereitung, bei der sämtliche betroffene Bereiche wie Arbeitssicherheit, Umweltschutz, Luft, Grund- und Oberflächenwasser identifiziert und die notwendigen Sicherheitsvorkehrungen getroffen wurden. So wurden die Sanierungsarbeiten
im Hinblick auf den Emissionsschutz (Staub, Geruch) unter einem Zelt durchgeführt, für das abgepumpte Baugrubenwasser wurde vor Ort
eine Aufbereitungsanlage erstellt. Vor Beginn der eigentlichen Sanierung erfolgten umfassende Detailuntersuchungen, um die genaue Lage und Tiefe der Kontamination festzustellen und die Aushubgrenzen festzulegen.
Basierend auf diesen Untersuchungen hat die INGE Geotest eine 7 Meter tiefe Baugrube in einem geologisch schwierigen Milieu geplant. Die Baugrube befand sich in gut durchlässigem Schotter direkt an der Aare, was besondere Herausforderungen hinsichtlich der Stabilität und vor allem der Wasserhaltung und Grundwasserabsenkung mit sich brachte. Die GEOTEST hat darum ein umfassendes Monitoring der Grundwasserabsenkung sowohl innerhalb als auch ausserhalb der Baugrube implementiert, um die Sicherheit und Effizienz der Bauarbeiten zu gewährleisten.
Während der Aushubarbeiten wurde das belastete Material schrittweise entfernt und laufend beprobt. In Bereichen mit tieferliegenden Rest-
belastungen kamen gezielte Austauschbohrungen zum Einsatz, um auch diese Kontaminationen zu beseitigen. Die Entnahme von Sohlenproben diente dem Nachweis, dass die Sanierungsziele in den jeweiligen Bereichen erreicht wurden. Die verbleibende Restbelastung wurde dokumentiert und beurteilt, wobei die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben laufend überprüft und sichergestellt wurde.
Der Grossfilterbrunnen wird erstellt.
Wasserhaltung
Parallel dazu spielte die Wasserhaltung eine entscheidende Rolle. Das Konzept sah eine temporäre Grundwasserabsenkung vor, um den Aushub im Trockenen zu ermöglichen und eine Ausbreitung von Schadstoffen zu verhindern. Das abgepumpte Grundwasser wurde
vor Ort aufbereitet und je nach Einhaltung der Grenzwerte entweder
in die Kanalisation oder in die Aare eingeleitet. Die Qualität des Pumpwassers wurde kontinuierlich überwacht und die Pumpmengen protokolliert. Nach Abschluss der Arbeiten erfolgte der Rückbau
der temporären Grundwasserbauwerke. Die Wirksamkeit der Grundwasserabsenkung und die Einhaltung der wasserrechtlichen Vorgaben wurden abschliessend bewertet.
Massenflüsse und Entsorgungswege
Ein zentrales Element der Sanierung war das Management der Massenflüsse und der Entsorgungswege. Das ausgehobene Material wurde entsprechend seiner Belastung und Zusammensetzung klassifiziert und über bewilligte Verwertungs- und Entsorgungswege abtransportiert. Die Dokumentation der Entsorgungsmengen und -wege erfolgte lückenlos, sodass jederzeit nachvollziehbar war, welche Materialchargen wohin verbracht wurden. Insgesamt wurden für die Sanierung 66‘455 Tonnen verschmutztes Material des Bereichs mit Priorität 1 ausgehoben und gesetzeskonform verwertet oder entsorgt.
Nach Erreichen der Sanierungsziele wurde die Baugrube gemäss einem spezifischen Konzept wieder verfüllt. Hierbei kamen sowohl Material aus der Sanierung als auch extern zugeführtes, nachweislich unbelastetes Material zum Einsatz. Die Rückfüllung wurde hinsichtlich chemischer Zusammensetzung, hydraulischer Durchlässigkeit und Einbauqualität überwacht und dokumentiert.
Im Anschluss an die Rückfüllung wurden die Abschlussarbeiten durchgeführt, zu denen unter anderem die Entfernung temporärer Installationen und die Wiederherstellung der Oberflächen zählten.
Dank der starken Teamleistung und guten Zusammenarbeit konnten wir das Gaswerkareal erfolgreich und sicher sanieren – zum Schutz von Grundwasser, Umwelt und Menschen.
Daniel Züger, Projektleiter
Grundwasser-Monitoring
Ein weiterer Schwerpunkt lag auf dem Grundwassermonitoring. Das Überwachungskonzept umfasste die regelmässige Beprobung und Analyse des Grundwassers im Zustrom, im zentralen Bereich und im Abstrom während der gesamten Bauphase. Die erhobenen Daten wurden hinsichtlich chemischer Parameter und Grundwasserspiegel ausgewertet und dokumentiert. Die Resultate zeigten, dass die Sanierungsmassnahmen keine nachteiligen Auswirkungen auf das Grundwasser ausserhalb des Sanierungsbereichs hatten. Für die Zeit nach Abschluss der Sanierung wurde ein Pflichtenheft für die weitere Überwachung erstellt, um die langfristige Auswirkung der Sanierungsmassnahmen auf die Grundwasserqualität zu verfolgen.
Prinzipschema der Behandlung des Baupumpwassers vor der Einleitung in die Aare bzw. in die Schmutzwasserkanalisation.
Umwelt-Baubegleitung (UBB)
Die Umweltbaubegleitung (UBB) war während des gesamten Projekts für die Überwachung und Einhaltung der umweltrelevanten Auflagen verantwortlich. Das UBB-Konzept umfasste regelmässige Sitzungen, Begehungen und eine enge Kommunikation mit den Behörden und weiteren Beteiligten. Besondere Aufmerksamkeit galt der Luftreinhaltung, wobei Staubmessungen und Geruchskontrollen durchgeführt wurden. Im Bereich Gewässerschutz wurden Massnahmen zur Vermeidung von Einträgen in Oberflächengewässer umgesetzt. Lärm- und Erschütterungsquellen wurden überwacht und bei Bedarf durch technische und organisatorische Massnahmen reduziert.
Das Verkehrsmonitoring stellte sicher, dass die Baustellenlogistik umweltverträglich ablief und dass die vorgeschriebenen Transportrouten eingehalten wurden. Die Ergebnisse der UBB zeigten, dass die Umweltauflagen umfassend eingehalten wurden und keine
unzulässigen Beeinträchtigungen für die Umgebung entstanden.
Arbeitssicherheit
Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz hatten während des gesamten Projekts höchste Priorität. Bereits im Vorfeld der Arbeiten wurden detaillierte Sicherheits- und Gesundheitsschutzkonzepte sowie ein Monitoringkonzept erarbeitet. Sämtlich am Bau beteiligten Personen wurden bezüglich Gesundheits- und Umweltschutzes und den in den Konzepten vorgesehenen Massnahmen geschult.
Die Umsetzung der Massnahmen wurde durch speziell geschultes Personal überwacht und regelmässig überprüft. Messungen auf der Baustelle sowie ein begleitendes Biomonitoring belegten, dass die Schutzmassnahmen wirksam waren und keine Gefährdung für die an der Sanierung beteiligten Personen bestand. Herausforderungen ergaben sich insbesondere durch den Umgang mit chemischen Schadstoffen und den Einsatz schwerer Geräte unter teilweise beengten Verhältnissen. Dennoch konnte durch die konsequente Anwendung der Konzepte ein hohes Sicherheitsniveau gewährleistet werden. Die externe Überprüfung der Massnahmen bestätigte deren Wirksamkeit und trug zur kontinuierlichen Verbesserung des Gesundheitsschutzes bei.
Resultat
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Sanierungsarbeiten auf dem ehemaligen Gaswerkareal Bern erfolgreich und im Einklang mit den gesetzlichen und behördlichen Vorgaben durchgeführt wurden. Die Dekontaminationsziele wurden erreicht, das belastete Material gesetzeskonform entsorgt und die Baugrube fachgerecht verfüllt. Die ursprünglichen Grundwasserverhältnisse konnten wiederhergestellt werden, und die Qualität des Grundwassers entspricht nach der Sanierung mindestens dem Zustand vor Beginn der Arbeiten.
Zur Erfolgskontrolle wird das Grundwassermonitoring noch über die nächsten Jahre fortgeführt. Die umgesetzten Massnahmen zum Umwelt- und Gesundheitsschutz erwiesen sich als wirksam, sodass zu keinem Zeitpunkt eine Gefährdung für Umwelt, Dritte oder das Baustellenpersonal bestand. Die Dokumentation sämtlicher Prozesse und Ergebnisse gewährleistet die Nachvollziehbarkeit und Transparenz des gesamten Sanierungsprojekts.
Teamleistung
Die im Projekt involvierten Mitarbeitenden haben mit viel Engagement und Erfahrung unter teils anspruchsvollen Arbeitsbedingungen auf dem eingehausten Areal gearbeitet. Gleichzeitig waren die Sanierungsarbeiten geprägt von einer vorbildlichen Zusammenarbeit zwischen der Auftraggeberin, der ARGE Marti Gaswerk Bern, den oben aufgeführten Unternehmungen sowie den kommunalen und kantonalen Behörden. All diese Partner haben massgeblich zur Erreichung der Sanierungsziele beigetragen.
Weitere Informationen:
27.05.2024 | News-Beitrag: Sanierung abgeschlossen
30.08.2021 | News-Beitrag: Sanierung Sandrain (Gaswerkareal)
Auftraggeber